Wasserbauwerksmodelle
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Für die Untersuchung und Optimierung von Wasserbauwerken und die Untersuchungen zur Interaktion Schiff/Wasserstraße werden dreidimensionale hydronumerische Modelle eingesetzt. Für die Modellierung wird in der BAW hauptsächlich die Open Source Bibliothek OpenFOAM verwendet. Zusätzlich wird in einigen Projekten das auf dem Markt etablierte 3D-CFD Verfahren Star-CCM+ der Firma cd-adapco angewendet, da es einen anderen Anwendungsbereich abdeckt.
Folgende Fragestellungen werden mit diesen Verfahren beantwortet:
- hydraulische Bauwerksdimensionierungen,
- Untersuchungen zu Vorhafenströmungen,
- Optimierungen von Füll- und Entleerungsprozessen,
- Bewertung von Hochwasserabflüssen an Staustufen,
- Untersuchungen des Propellerstrahls,
- Untersuchungen der Interaktion der Propulsionseinheit mit der Gewässersohle,
- Untersuchungen der Wellenausbreitung im Bereich seeartiger Aufweitungen,
- Studien zum Windangriff an Schiffen,
- Analyse von Trimmlage und Begegnungsfällen.
Die extrem kleinskaligen Modellierungen im Nahfeld von Strukturen unterscheiden sich dabei grundsätzlich von den Methoden zur mesoskaligen Modellierung von Flussgebieten. Liegt die Längenausdehnung der Modellgebiete bei der Flussgebietsmodellierung bei etwa 5 bis 25 km mit einer Ortsauflösung von etwa 100 m bis zu 1 m (z.B. zur Abbildung von Buhnen), betragen die Modellgebietslängen bei der Abbildung von Wasserbauwerken und Schiffen etwa 100 m bis maximal 1000 m. Die verwendeten Modelle weisen dabei einen hohen Gittergradienten auf, mit Elementgrößen von maximal wenigen Metern an den Modellrändern bis in den Zentimeterbereich hinein, um auch die Strömungsverhältnisse an Toren, Klappen, Füllstrahlen, Propellern und Ruderblättern hinreichend genau abbilden zu können. Bei der mesoskaligen Modellierung von Flussgebieten kann man sich häufig auf bevorzugte Raumrichtungen zur Modellierung konzentrieren. Wird in Flussgebieten dreidimensional modelliert, wird die Wasserspiegellage mit genau einem Funktionswert über dem Ort beschrieben und die freie Oberfläche als Modellrand definiert. Im Nahfeld von Wasserbauwerken und Schiffen findet jedoch eine hochgradig dreidimensionale Durchdringung der untersuchten Strukturen mit den umgebenden Fluiden Wasser und Luft statt. Bauwerkskomponenten ragen in das Fluid hinein und werden gleichermaßen unter- wie überströmt, Schiffe sind in das Fluid eingetaucht. An Wechselsprüngen, Füllstrahlen, Rollbrechern auf Deckwerken und frei fliegenden Wasserkörpern müssen über einer Ortskoordinate im Wechsel Wasser und Luft als Komponenten modelliert werden. Eine Beschreibung solcher Wasserspiegellagen als Modellrand wäre sehr kompliziert. In solchen Fällen hat sich eine Mehrphasenmodellierung durchgesetzt.
Die Strömungen z.B. beim Füllen von Schleusenkammern, in Tosbecken von Wehranlagen und im Nahfeld der Propulsionseinheit von Schiffen (bestehend aus Schraube, Schraubentunnel und Ruderblatt) sind hochgradig von Turbulenz dominiert. Die Wahl des geeigneten Turbulenzmodells und die Kalibrierung der darin enthaltenen Parameter sind maßgebend für die Verlässlichkeit der Ergebnisse. Das Verhalten an Wandgrenzschichten nimmt Einfluss auf das umgebende Strömungsregime. Das Maß dieser Auswirkungen wird entscheidend durch die betrachteten Skalen bestimmt. Zur Zeit wird davon ausgegangen, dass Wandeinflüsse bei der Turbulenzmodellierung zum Beispiel den Abfluss über ein Wehrfeld relativ wenig beeinflussen, im Gegensatz dazu aber der Wandeinfluss bei der Modellierung der Interaktion Schiff-Propulsionseinheit-Gewässersohle von elementarer Bedeutung ist.
Der Bedarf im Bereich der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung an einer Untersuchung der dynamischen Interaktion Struktur-Fluid ist groß. Möglichkeiten zur numerischen Modellierung des Legevorgangs eines Wehres, des Einströmens in eine Schleusenkammer während der Bewegung der Tore, der Dynamik eines Schiffes in einer Schleuse und die Modellierung der Trimmlage eines fahrenden Schiffes in einer Wasserstraße sind für die BAW daher von großem Interesse. Ausgereifte Modelle für den wirtschaftlichen Produktionsbetrieb der BAW sind auf diesem Sektor erst in einigen Jahren zu erwarten, wenngleich auch die derzeit benutzten Modelle schon viel versprechende Ansätze zeigen.
Ansprechpartner: Dr.-Ing. Carsten Thorenz
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