Schiffserzeugte Belastungen
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Die Änderung der tiefgangs- und geschwindigkeitsabhängigen schiffserzeugten Belastung der Schifffahrtsstraßen setzt eine Definition der Kenngrößen (z.B. Schiffswellensystem, Verdrängungsströmung) voraus und erfordert die Kenntnis der funktionellen Abhängigkeiten (z.B. Schiffsgeschwindigkeit und Schiffsbreite, Fahrwasserverhältnisse, Passierabstand). U.a. zeigt Bild 1 schematisch das Schiffswellensystem.
Seit Anfang dieses Jahrhunderts wurde eine Vielzahl analytischer und empirischer Ansätze zur Berechnung der Wechselwirkung von Schiff und Wasserstraße entwickelt. Erste Berechnungen mit hydrodynamisch-numerischen Modellen zeigen im Vergleich zu Ergebnissen aus hydraulischen Maßstabsmodellen Abweichungen, so dass diese numerischen Modelle zur Ermittlung ausbaubedingter Änderungen schiffserzeugter Belastungen in Schifffahrtsstraßen noch nicht als abgesichertes wissenschaftliches Hilfsmittel einzustufen sind. Eine gesicherte, quantitative Prognose schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Wasserstraßen ist derzeit nur auf Basis hydraulischer Modellversuche in einem fachwissenschaftlich abgesicherten Modellmaßstab möglich (Stand der Technik und Wissenschaft).
Bei der BAW Dienststelle Hamburg wurden in den letzten Jahren zur Fragestellung der Wechselwirkung Seeschiff - Seeschifffahrtsstraße sowohl Untersuchungen in hydraulischen Modellen als auch Messungen in der Natur durchgeführt.
Definition der Kenngrößen
Bei der Fahrt eines Schiffes durch das Wasser treten infolge der Verdrängungsströmung und den auftretenden Druck- und Wasserspiegeländerungen an Bug, Heck und Schiffslängsseite Wellensysteme unterschiedlicher Periode auf. Das Schiffswellen- und Strömungssystem ist bei Revierfahrt z.B. in einem Ästuar im unterkritischen Geschwindigkeitsbereich (Schiffsgeschwindigkeit kleiner als die Wellenfortschrittsgeschwindigkeit) gekennzeichnet durch:
- den Bugstau (sB) direkt am Schiffskörper,
- den Absunk (zA) seitlich am Schiff,
- die Heckwelle (HP) als Teil des langperiodischen Primärwellensystems,
- die das Primärwellensystem überlagernden Sekundärwellen (HS),
- die zeitgleich auftretende Rückstromgeschwindigkeit (vR).
Die Wasserspiegeländerungen in tiefen- und seitenbegrenztem Fahrwasser, wie sich das Wellenbild für einen Betrachter vom Ufer aus darstellt, sind als Seitenansicht und in starker Überhöhung in obiger Skizze erläutert.
Funktionelle Abhängigkeiten
Die Größen der von fahrenden Schiffen erzeugten Wasserspiegelschwankungen und Strömungen sind eine Funktion:
- von Schiffsgeschwindigkeit vS und Passierabstand L
- der Schiffsabmessungen (Länge l, Breite b, Tiefgang t, eingetauchter Hauptspantquerschnitt AS)
- vom Gesamtwiderstand des Schiffes (Schiffsform) im Kanal RT,K
- der Fahrwasserverhältnisse (Wasserspiegel- B und Sohlbreite BS, Wassertiefe d, Querprofilform und -fläche A, Uferform und Böschungsneigung 1 : m)
- der Strömungsverhältnisse in der Wasserstraße
- sonstiger Einflüße wie z.B. Krümmung, Antriebsart, Dichte des Wassers.
Als die wesentlichen Parameter für die schiffserzeugte Belastung von Seeschifffahrtsstraßen haben sich:
- die Schiffsgeschwindigkeit (vS)
- der Passierabstand (L) vom Ufer , der den hydraulisch wirksamen Teilquerschnitt (AT) bestimmt,
- und das Verhältnis von Gesamtwassertiefe zur Tauchtiefe (d/t), mit AT das Teilquerschnittsverhältnis AT / 0,5 AS, herausgestellt.
Vereinfacht lassen sich die physikalischen Vorgänge bei einer Schiffspassage in inhomogenen Wasserstraßen (oder bei außermittiger Fahrt) damit erläutern, dass die Wasserstraße durch das Schiff in zwei Teilquerschnitte AT1 und AT2 getrennt wird, durch die das jeweils halbe Verdrängungsvolumen am Schiff vorbeigeführt wird. Das unterschiedliche Teilquerschnittsverhältnis AT1 / 0,5 AS und AT2 / 0,5 AS bedingt quantitativ ungleiche schiffserzeugte Belastungen an den jeweiligen Uferabschnitten.
Analytische und empirische Ansätze
Traditionelle Verfahren
Während zur Berechnung des Absunks zA im wesentlichen analytische Herleitungen herangezogen werden können (u.a. KREY, 1913; CONSTANTINE, 1960; BOUWMEESTER et al., 1977; FÜHRBÖTER, 1982), sind die Rechenverfahren zur Ermittlung der Wellenhöhe auch anhand von Modellversuchen und/oder Naturmessungen empirisch abgeleitet (u.a. RÖMISCH, 1969). Die kurzperiodischen Sekundärwellen sind zwar in einigen empirischen Ansätzen mit berücksichtigt, als Funktion der beschriebenen Einflußgrößen jedoch nicht im Detail bekannt, da sie in Abhängigkeit von Schiffsgeschwindigkeit und besonders der Schiffsform durch die unterschiedliche Druckverteilung am Schiffskörper entstehen.
Für den unterkritischen Geschwindigkeitbereich, in dem in der Handelsschiffahrt aus wirtschaftlichen Gründen gefahren wird (etwa vS < 0,9·[g·d]0,5), sind aus dem Schrifttum vereinfacht folgende Zusammenhänge ermittelt:
- Absunk und Wellenhöhe
zA prop. vSk mit 2 < k < 3,5
zA prop. nk mit -1,5 < k < -1
- Rückstromgeschwindigkeit
vR prop. vS
vR prop. n-1
Das Diagramm (Bild 1) zeigt die Bandbreite möglicher Berechnungsergebnisse für die Randbedingungen eines Meßquerschnitts an der Unterelbe im Vergleich mit Meßwerten aus dem hydraulischen Modell der BAW-AK.
Für die Prognose schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen sind neben der Wechselwirkung von Schiff zu Wasserstraße bei der Wellen- und Strömungsentstehung desweiteren Wellenausbreitungsprozesse wie u.a. Refraktion und Shoaling maßgebend, so dass die Einbeziehung dieser physikalischen Vorgänge in die Berechnung (ohne Parametrisierung) erforderlich wird.
Die traditionellen empirischen und analytischen Ansätze können die schiffserzeugten Belastungen durch die seegängige Großschifffahrt auf den großen inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen und besonders im Tidegebiet quantitativ nur sehr unzureichend abschätzen. Eine rechnerische Ermittlung zukünftiger Belastungen kann folgedessen mit diesen Ansätzen nicht erfolgen.
Hydrodynamisch-numerische Methoden
- Definition der Kenngrößen
- Funktionelle Abhängigkeiten
- Analytische und empirische Ansätze
- Hydrodynamisch-numerische Methoden
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