Dynamisches Fahrverhalten sehr großer Containerschiffe bei Fahrt über Transportkörperstrecken
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Randbedingungen
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Die Untersuchungen zum fahrdynamischen Verhalten sehr großer POST-PANMAX-Containerschiffe in Wechselwirkung zu verschiedenen Transportkörpersohlen wurden im Flachwasserbecken der BAW-DH (Länge ca. 100 m, Breite ca. 35 m, max. Wassertiefe 0,7 m) in einem Modellmaßstab von 1 : 40 vorgenommen. Ausgewählte Schiffsparameter sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
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Die Tiefen-FROUDE-Zahlen lagen bei 0,27 < Frh < 0,68. Die REYNOLDS-Zahlen wurden ermittelt zu Werten zwischen 3,1 · 106 < Re < 6,2 · 107 (Faktor 10 > ReKRIT,erf).
Durch Einhaltung der geometrischen und dynamischen Ähnlichkeitsbedingungen war die Prognosefähigkeit der Untersuchungen sichergestellt.
Das folgende Foto zeigt die Transportkörperstrecke im hydraulischen Modell zur Simulation des Einflusses von Sohlstrukturen auf die Schiffsdynamik im extremen Flachwasser (Beispiel: TK-Länge l = 50 m).
Mittels einer Laser-Zielplatten-Messanordnung auf den Modellschiffen war es möglich, das vertikale dynamische Verhalten der funkferngeschalteten (seilgeführten) selbstfahrenden Modelle über eine Strecke von etwa 90 m von der Beschleunigungsphase bis zum Abstoppen zu erfassen. Die interne geschwindigkeitsunabhängige Prognosegenauigkeit des Systems lag unter DS < 1 mm (Modell; dies entspricht < 4 cm Natur).
Beim punktuell messenden, laser-geometrischen Verfahren nach ERYUZLU et al. (1994) wurden in Abhängigkeit der Schiffsgeschwindigkeit (vS < 18 Kn) Prognosewerte ebenfalls mit einer Genauigkeit von DS < 1 mm (Modell) errreicht.
Ergebnisse
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Die folgenden drei Grafiken zeigen die kontinuierliche Aufzeichnung der vertikalen Bewegung von Bug und Heck eines JUMBO bei Fahrt über eine ebene Sohle sowie bei Fahrt über Transportkörper der Länge von 50 m bzw. 100 m. Ein Vergleich der Grafiken veranschaulicht die Zunahme des dynamischen Verhaltens in Abhängigkeit der Transportkörperlänge.
Bei der Fahrt über die Transportkörperstrecke mit l = 50 m zeigte das Schiff im Verhältnis zur ebenen Sohle ein leicht unruhigeres Fahrverhalten (Grafik 1 und 2). Mit l = 100 m war ein Verhältnis von TK-Länge l zu Schiffslänge l von etwa l = l / 3 gewählt, so dass ein Stampfen des großen PPM-Containerschiffs mit der Periode der Transportkörper angeregt wurde (Grafik 3). Der Grund liegt in einem lokal höheren Bugsquat bei geringerer UKC über dem TK-Berg und gleichzeitigem geringeren Hecksquat bei lokal größerer Wassertiefe im TK-Tal. Die Amplituden erreichten in Abhängigkeit der Schiffsgeschwindigkeit im Maximum Werte bis zu DS = 0,16 m (vS = 15,3 Kn).
Die systematischen Untersuchungen mit TK-Feldern jeweils gleicher TK-Länge wurden ergänzt durch Fahrten über eine TK-Sohle mit unregelmäßigen Längen von l = 50 m - 75 m - 100 m. Das dynamische Fahrverhalten auf einer Fahrstrecke von ca. 1.600 m (ca. 5 Schiffslängen, 25 TK) verdeutlicht die folgende Grafik (Grafik 4). Ein leichtes Stampfen des JUMBO wurde infolge der unregelmäßen TK-Abfolge desgleichen in einer Größenordnung von etwa DS = 0,07 m (vS = 16,8 Kn) registriert. Der Absolutwert des Squat wurde gleichermaßen reduziert wie bei den Versuchen mit konstanter TK-Länge (Grafiken 5 u. 6).
Grafik 5 zeigt den Vergleich des geschwindigkeitsabhängigen Squats bei Fahrt des JUMBO über verschiedene Sohlformen (ohne TK, l = 50 m, l = 100m, l = 50 m - 75 m - 100 m). Die Ergebnisse des punktuellen Messverfahrens zeigen eine deutliche Abnahme des Squats bei der Fahrt über eine TK-Strecke, was sich besonders klar bei einer Kielfreiheit von UKCR = 2 m mit einer Größenordnung bis zu DS = 0,3 m (vS = 15 Kn) ergab.
Wie beim JUMBO wird auch beim MEGA-JUMBO (Grafik 6) der reduzierte, geschwindigkeitsabhängige Squat bei Fahrt über TK-Strecken deutlich (UKCR = 1,5 m). Anders als beim JUMBO überwiegt beim MEGA-JUMBO unter extremen Flachwasserbedingungen der Hecksquat gegenüber dem Bugsquat, so dass sich ein negativer Trimmwinkel ergibt. Diese dynamische Verhalten ist auf das Zusammenwirken der großen Schiffsbreite (b = 55 m) mit dem Ein-Schrauben-Antrieb bei extremen Flachwasser (ausgeprägtes Druckminimum durch Schraubensog am Heck) zurückzuführen.
Bewertung der Ergebnisse
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Die bisher vorliegenden Ergebnisse der Grundsatzuntersuchungen zeigen, dass die Berechnungsformeln nach BARRASS und ICORELS auch in modifizierter Form für sehr große PPM-Containerschiffe in seitlich unbegrenztem Flachwasser ungeeignet sind, wie Grafik 7 verdeutlicht. In den Formeln sind die Querschnittsgeometrien in ihrer hydraulischen Wechselwirkung mit dem fahrenden Schiff nicht in allgemeingültiger Parametrisierung enthalten.
Für die Diskussion und die Erklärung der gemessenen sehr geringen Squatwerte sind folgende hydromechanische Prozesse ausschlaggebend:
- Der Squat ist die Absenkung des fahrenden Schiffs mit dem sich ausbildenden Primärwellensystem, was zugleich eine kennzeichnende Größe des Schiffswiderstandes ist; durch Breiten- und Längenentwicklung sowie die strömungstechnische Optimierung der modernen Schiffsrümpfe haben sich die geometrischen Bedingungen für die Ausbildung des Primärwellensystems verändert, die Absunkwerte und folglich der Squat - bezogen auf die Schiffsgröße - wurden geringer.
- Die Wirkung von Sohlstrukturen (Transportkörper) auf das dynamische Fahrverhalten sehr großer Containerschiffe unter extremen Flachwasserbedingungen war bisher nicht erforscht. Aus Gründen der nautischen Sicherheit wurde bislang die Solltiefe auf die Kuppen der Transportkörper bezogen. Es wurde von einer erhöhten Formrauheit des Systems, damit einer höheren Energiedissipation für die schiffserzeugte Rückströmung ausgegangen mit der Folge eines stärkeren Primärwellensystems, das wiederum den Squat erhöht.
- Die systematischen Modellversuche zeigen jedoch, dass im Vergleich zur ebenen Sohle über einer TK-Sohle mit derart geringen Neigungen (H = 4 m; l = 50 - 100 m) ein vergrößerter Rückstromquerschnitt mit entsprechend verminderter Energiedissipation wirksam ist, der wiederum zu einer Abschwächung des Primärwellensystems und damit zu einer Verminderung des Squats führt.
- Die ergänzenden Untersuchungen zum Einfluß einer unregelmäßigen TK-Strecke auf das dynamische Fahrverhalten verdeutlichen, dass auch hier ein - aber geringeres - "Stampfen" für alle untersuchten Schiffseinheiten festzustellen war und der Absolutwert des Squat in der gleichen Weise wie bei den vorherigen TK-Sohlen abgemindert werden kann.