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Programm "TRASSE"

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Version vom 16. Februar 2010, 10:56 Uhr von imported>Mueller-hagedorn

Projektierung von Fahrrinnen in Kanälen oder in nicht fließenden Gewässern

Bild 1: Blick auf die UHW - Flusshavel

Für die Projektierung von Kanälen bzw. von Fahrrinnen in nicht fließenden Gewässern existieren in der Wasserstraßenverwaltung „Richtlinien für Regelquerschnitte von Schifffahrtskanälen“ die mit dem BMV- Erlass BW24/BW23/BW28/52.05.00/16/VA94 im Jahr 1994 einge-führt wurden. Im Rahmen der Planungsarbeiten für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17), dem Ausbau der Wasserstraßen zwischen Hannover und Berlin zu einer Wasserstraße der Klasse Vb, stellte sich schnell heraus, dass sich die Ausbauziele der Richtlinie nicht durchsetzen lassen. Große Teile der auszubauenden Wasserstraße verlaufen durch natürliche Flusslandschaften in Naturschutz- bzw. FFH- Gebieten bzw. durch das Berliner Stadtgebiet, in dem die Bebauung bis an die derzeitigen Ufer heran reicht. Diese Randbedingungen erfordern es, dass die künftigen Fahrrinnen im Wesentlichen dem jetzigen Verlauf der Fahrrinne folgen müssen, wodurch die angestrebten Mindestradien von 600 m in Krümmungen nicht eingehalten werden können. Aus diesem Grund mussten mit Planungsbeginn des VDE 17 neue Trassierungswerkzeuge entwickelt werden.


Zielstellung der Software

Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten innerhalb des auszubauenden Streckenabschnitts des VDE 17 ergaben sich folgende Anforderungen an das zu entwickelnde Trassierungsverfahren:

  • Bemessungsschiffe sind der 185 m lange Schubverband, das 110 m lange Großmotorschiff und das 85 m lange Europaschiff.
  • Es müssen Fahrrinnenradien von der Geradeausfahrt bis zu Radien von 200 m berücksichtigt werden können.
  • Die Berücksichtigung der fahrdynamischen Unterschiede und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Fahrspurbreiten bei den Kurvenein- und Ausfahrten, insbesondere bei Kurven mit kleinen Radien, Kurven mit geringen Zentriwinkeln und Wechselbögen, muss sichergestellt sein.
  • Das Verfahren musste schnell verfügbar und leicht anwendbar sein.
  • Die Ergebnisse der Trassierung sollen sich in dem CAD- System der Wasserstraßenverwaltung MicroStation integrieren lassen.


Theoretische Grundlagen des Verfahrens

Bild 2: Berechnung der Fahrspurbreite nach Graewe
Bild 3: Gemessener Driftwinkel
Bild 4: In Cf-Werte überführte Driftwinkel
Bild 5: Vergleich berechnete Schleppkurve mit Luftaufnahme im Spreebogen in Berlin

In den eingangs genannten Richtlinien für Regelquerschnitte von Schifffahrtskanälen setzen sich die Fahrrinnenbreiten aus den Fahrspurbreiten der Bemessungsschiffe und den Sicherheitsabständen zwischen den Schiffen und zu den Ufern zusammen. Sowohl für die Sicherheitsabstände als auch für die Fahrspurbreiten der Schiffe in der Geradeausfahrt werden dabei feste Werte vorgegeben. Für Krümmungen mit Radien unter 2000 m werden die Fahrspurverbreiterungen nach der Formel von Graewe (veröffentlicht in der Zeitschrift Bautechnik 1/1971) berechnet. Diese Formel sieht wie folgt aus.
??? (Formel fehlt noch)

Dabei sind:
B1 – Fahrspurbreite [m]
R – innerer Kurvenradius [m]
L – Schiffslänge [m]
B – Schiffsbreite [m]
β – Driftwinkel [grad]

Ergänzend zu dieser Rechenvorschrift werden für den Radienbereich zwischen 600 m bis 2000 m Driftwinkel vorgegeben, die in die Formel einzusetzen sind.

Bedingt durch die Anforderungen der Planung des VDE 17 im Stadtgebiet Berlin, bei der die angestrebten Mindestradien von 600 m deutlich unterschritten werden mussten, wurde das Verfahren TRASSE entwickelt. Das Verfahren TRASSE beruht im Grundsatz wie die Graewe-Formel auf dem Satz von Pythagoras.

Wie in Bild 2 erkennbar, wird ein rechtwinkliges Dreieck aufgespannt, bei dem sich der rechte Winkel Außenbords an der Position des taktischen Drehpunktes, das ist der Punkt, an dem die seitliche Anströmung auf den Schiffskörper die Richtung wechselt, befindet. Die spitzen Winkel liegen im Zentrum des Drehkreises bzw. im Heck des Schiffes. Bis auf die gesuchte Fahrspurbreite B1 folgen fast alle Parameter aus der Schiffs- oder Kurvengeometrie. Der Driftwinkel, mit dessen Hilfe der Abstand zwischen Heck und der Position des taktischen Drehpunktes berechnet wird, kann durch Naturmessungen bestimmt werden.

Diese Berechnung nach der Graewe-Formel lässt sich vereinfachen, in dem man einen dimensionslosen Koeffizienten Cf einführt, der multipliziert mit der Schiffslänge ebenfalls den Abstand zwischen Heck und Position des taktischen Drehpunktes ergibt.
??? (Formel fehlt noch)

Im Rahmen der Modellentwicklung wurde eine Vielzahl von fahrdynamischen Naturuntersuchungen durchgeführt, bei denen mit unterschiedlichen Schiffstypen und Beladungszuständen in Abhängigkeit der Kurvenradien die zugehörigen Driftwinkel gemessen wurden (Bild 3). Anschließend wurden die Driftwinkel in die dimensionslosen Cf- Wert überführt, wobei man feststellen konnte, dass der Koeffizient vom gefahrenen Radius unabhängig ist (Bild 4). Dies gilt bis zu einem kleinsten gefahrenen Radius von einer Schiffslänge.

Mit beiden Berechnungsverfahren lassen sich nur pauschal Fahrspurbreiten für die Kurvenfahrt berechnen. Wie die Übergänge zwischen Gerade und Kreisbögen bzw. die Fahrspurbreiten in Kurven mit kleinen Zentriwinkeln zu gestalten sind, fehlen noch Informationen. Die Klärung dieser Frage war aber eines der Entwicklungsziele.

Bei der Weiterentwicklung des Verfahrens wurde die Tatsache genutzt, dass an der Position des taktischen Drehpunktes dass Schiff mit seinem taktischen Drehpunkt immer tangential auf seiner Kursachse "fährt". Führt man ein Rechtecksymbol, welches die Abmessungen des Bemessungsschiffes hat und dessen Referenzpunkt an der Position des taktischen Drehpunktes liegt, tangential an einer vorher konstruierten Kursachse entlang, entsteht aus der Vielzahl von Rechtecksymbolen eine Schleppkurve, die der Fahrspur eines Schiffes entspricht. Naturuntersuchungen haben die Richtigkeit dieser Vorgehensweise bestätigt (Bild 5).

Diese Schleppkurven berücksichtigen automatisch die Unterschiede des nautischen Verhaltens der Schiffe bei der Kurveneinfahrt im Vergleich zur Kurvenausfahrt. Ebenso werden in Kurven mit kleinen Zentriwinkeln die notwendigen Fahrrinnenverbreiterungen nicht im vollen Umfang wirksam, wie es die pauschale Berechnung mit den vorgenannten Formeln erfordern würde. Für derartige Situationen werden entsprechende Abminderungen errechnet. Ebenso können die Fahrrinnenverläufe in Bereichen mit unmittelbar aneinander folgenden Krümmungen konstruiert werden.

Um die Übernahme der Berechnungsergebnisse in die Trassierungsumgebung MicroStation zu erleichtern, wurden die Konstruktionsschritte so aufbereitet, dass sie direkt als MicroStation-Applikation programmiert werden können. Im Ergebnis ist ein übersichtliches Werkzeug entstanden, mit dem Fahrrinnen innerhalb der Arbeitsumgebung der Wasserstraßenverwaltung projektiert werden können.