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Programm "PeTra"

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Version vom 16. Februar 2010, 12:31 Uhr von imported>Mueller-hagedorn

Pegelabhängige Trassierung von Fahrrinnen in fließenden Gewässern

In Vorbereitung einer Ausbauplanung für Fahrrinnen bzw. der Durchführung einer Befahr-barkeitsanalyse in fließenden Gewässern werden für jedes Gewässer von den zuständigen Verwaltungen Ausbaugrundsätze erlassen. Zumeist bauen diese Ausbaugrundsätze auf die "Richtlinien für Regelquerschnitte von Schifffahrtskanälen" (siehe Verfahren Trasse) auf. Im Detail bedeutet dies, dass für die Berechnung der notwendigen Fahrspurbreiten für ein Binnenschiff die Formel von Graewe genutzt wird. Für die Fahrt in dem fließenden Gewässer werden allerdings neue Vorgaben für die anzusetzenden Driftwinkel getroffen, die meist durch fahrdynamische Naturuntersuchungen in dem betreffenden Gewässer ermittelt werden. Nachteil dieser Verfahrensweise ist, dass die Ergebnisse aus den Naturmessungen nur für das untersuchte Abflussgeschehen gelten. Streckenabhängige Unterschiede bei den Fließgeschwindigkeiten werden bei dieser Verfahrensweise nicht berücksichtigt. Darüber hinaus muss bei der Erstellung der Ausbaugrundsätze so lange mit den Messungen gewartet werden, bis sich die gewünschten Abflussverhältnisse eingestellt haben.

Um diese Nachteile zu umgehen und die kostenintensiven Naturmessungen auf ein Minimum zu reduzieren, wurde auf das Verfahren "Trasse" aufbauend eine Methode entwickelt, bei der der Einfluss der Fließgeschwindigkeit auf den Verkehrsflächenbedarfs eines Binnenschiffes rechnerisch abgeschätzt werden kann.


Zielstellung der Software

Da sich das Prinzip der Einzelpositionierung bei der Planung von Fahrrinnen in nicht fließenden Gewässern bewährt hat, wurde versucht, dieses auf Fließgewässer zu übertragen. Ausschlaggebend für diese Technik sind Kenntnisse über die Lage des taktischen Drehpunktes am Schiff. Durch Naturmessungen konnte nachgewiesen werden, dass sich Position des taktischen Drehpunktes analog zu den nicht fließenden Gewässern unabhängig vom Kurvenradius ist, sich aber in Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeit, Fahrgeschwindigkeit und Fahrtrichtung ändert. So ergaben sich folgende Zielstellungen an die zu entwickelnde Software:

  • Der Einfluss der Fließgeschwindigkeit des Gewässers sowie der Fahrgeschwindigkeit und Fahrtrichtung des Schiffes auf den Verkehrsflächenbedarf eines Binnenschiffes muss berücksichtigt werden.
  • Das Verfahren soll für alle in der Binnenschifffahrt vorkommenden Schiffstypen gelten.
  • Es sollen Kurvenradien von der Geradeausfahrt bis runter zu einer Größe von einer Schiffslänge berücksichtigt werden.
  • Die Ergebnisse der Trassierung sollen sich in das CAD- System der Wasserstraßenverwaltung MicroStation integrieren lassen.


Theoretische Grundlagen des Verfahrens

Bei der Entwicklung einer Rechenmethode, die die genannten Anforderungen erfüllt, waren zwei grundsätzliche Probleme zu lösen. Das eine Problem zu Modellierung der Einflüsse der Fließgeschwindigkeit wurde bereits genannt und wird hier später behandelt. Das zweite Problem betrifft die Vorgabe einer Kursachse (Die Notwendigkeit für das Vorhandensein einer derartigen Kursachse wurde bereits bei dem Verfahren TRASSE erläutert.), die die Denkweise eines Schiffsführers nachempfindet. Für ein nicht fließendes Gewässer kann diese direkt konstruiert werden, da der Verlauf den Kursachse nur von wenigen nautischen Randbedingungen abhängt (tangentialer Übergang Gerade-Kreis-Gerade, Mindestradius > als Schiffslänge). In einem Fließgewässer mit einer genügend breiten Fahrrinne (z.B. Rhein) berücksichtigt der Schiffsführer bei der Wahl seines Kurses die örtlichen Gegebenheiten. Da die Fahrrinne in einem natürlichen Gerinne liegt, hat sie weder eine ebene Sohle noch ein Regelprofil. Die Wassertiefen- und die Strömungsgeschwindigkeitsverteilungen im Flussbett bestimmen wesentlich den Kurs, den ein erfahrener Schiffsführer wählt. Auch die Größe eines Schiffes und sein Tiefgang beeinflussen den Weg. So wird ein tief abgeladener Gefahrguttanker sich mehr nach den Wassertiefen orientieren und ein Containerschiff mit vergleichsweise geringem Tiefgang mehr nach den Fließgeschwindigkeiten, wodurch beide Schiffe trotz gleicher Abmessungen unterschiedliche Wege wählen. Ändern sich die Schiffsabmessungen, so ändert sich auch der erforderliche Verkehrsflächenbedarf des Schiffes und in der Folge können sich bei gleichen Abflussverhältnissen deutlich andere optimale Verkehrswege auftun.


Theoretische Grundlagen zur Kursachsengenerierung für Binnenschiffe in frei fließenden Gewässern

Bei der Entwicklung der Methode zur automatischen Generierung von Kursachsen wurde versucht, die Denkweise eines Schiffsführers nachzuempfinden. Als Ausgangsdaten für die Erstellung einer Kursachse müssen Informationen über die Fahrrinne :

  • Fahrrinnenbegrenzung,
  • Fahrrinnenbreite,
  • Kurvenradien,
  • Verkehrsregeln,
  • Brückendurchfahrten,
  • Fahrrinnenteilungen etc.

das Schiff:

  • Abmessungen wie Länge und Breite,
  • Tiefgang,
  • Fahrdynamische Eigenschaften (geschätzte Position des taktischen Drehpunktes) etc.

die die Kursachse beeinflussenden Gewässerparameter:

  • Tiefenverteilung über das Querprofil,
  • Verteilung der Strömungsgeschwindigkeiten über das Querprofil,
  • Pegelstand etc.

zur Verfügung stehen.

Damit die unterschiedlichen Parameter einer einheitlichen Bewertung unterzogen werden können, wird der Begriff des Befahrbarkeitspotenzials eingeführt, wobei alle o. g. Parameter in ein Potenzial überführt werden können. Für diese Umrechnung müssen alle Fahrrinnenparameter über das Querprofil verteilt als Streifeninformation vorliegen (z.B. tiefengemittelte Geschwindigkeitsstreifen mit endlicher Breite etc.). Die Normierung der Parameterwerte der einzelnen Streifen auf einer Skala von 0 bis 100 zu Potenzialen ermöglicht eine Bewertung der Befahrbarkeit der Profilabschnitte hinsichtlich dieses Parameters. Gleichzeitig gestattet sie den Vergleich und die Überlagerung der Potenzialverläufe verschiedener Parameter, so dass letztendlich eine Gesamtbewertung der Befahrbarkeit jedes Profilquerschnitts möglich wird.

Die Umrechnung der Potenziale geschieht wie folgt. Sofern ein großer Parameterwert als optimal angesehen wird, entspricht das Maximum im Profil einem Potenzial von 100. Andernfalls wird dem größten Parameterwert das kleinste Potenzial 1 zugeordnet (z.B. Fließgeschwindigkeit, Der Bergfahrer sucht langsames Wasser – größte Geschwindigkeit wird Potenzial 1- und der Talfahrer schnelles Wasser - maximale Geschwindigkeit wird Potenzial 100). Nur dann, wenn ein Profilbereich bei Überschreitung eines Parametergrenzwertes als nicht befahrbar gelten soll, wird das Potenzialminimum 0 verwendet. Das trifft für die Parameter Wassertiefe, Fahrrinnenbegrenzung und Rechtsverkehrs zu, um die Profilstreifen außerhalb der Fahrrinne ggf. als grundsätzlich als nicht befahrbar zu bewerten oder die Einhaltung von Rechtsverkehr zu erzwingen.

Das Potenzial Pi eines einzelnen Parameters im i-ten Profilstreifen ergibt sich damit wie folgt:
Falls der Maximalwert des Parameters als optimal ist gilt:

Pi = Pmin + [(Pmax - Pmin) * (Wi - Wmin) / (Wmax - Wmin)] 

Falls ein kleiner Parameterwert angestrebt wird gilt:

Pi = Pmin + [(Pmax - Pmin) * (Wmax - Wi) / (Wmax - Wmin)] 
Pi Potenzial im i-ten ProfilbereichBAW
Pmin niedrigstes Potenzial (immer Pmin=1)
Pmax höchstes Potenzial (immer 100)
Wi Parameterwert im i-ten Profilstreifen
Wmin kleinster Parameterwert auf gesamten Profilschnitt
Wmax größter Parameterwert auf gesamten Profilschnitt


Bei der Bewertung der Wassertiefe ergibt sich der Wert aus folgender Differenz:

Wi = TDIFFi = TWi - (TT + TS + TF) 	
TDIFFi Tiefendifferenz im i-ten Profil-Bereich
TWi Wassertiefe im i-ten Profil-Bereich (aus Parameterdatei)
TT Tiefgang des Schiffes
TS Squat des Schiffes
TF Flottwasser

Analog dazu werden die größte und kleinste Tiefendifferenz auf dem Profilschnitt ermittelt und Wmin und Wmax in der Gleichung (1) verwendet. Falls die Tiefendifferenz einen Wert kleiner 0 annimmt, ist der Profilbereich nicht befahrbar und das Potenzial wird auf 0 gesetzt. Andernfalls bewegt es sich zwischen 1 und 100.

Für die Gesamtbewertung der Befahrbarkeit unter Einbeziehung aller verfügbaren Gewässerparameter werden entlang jeder Profilschnittlinien k gleich große Bereiche (Breite b) herangezogen, die mit einer Schrittweite s vom Beginn des ersten verfügbaren Potentialstreifens an bis zum Ende des letzten Potentialstreifens erzeugt werden (Bild 2). Als Schrittweite s wird eine halbe Schiffsbreite (B/2) verwendet. Die Breite b des Profilbereichs entspricht der minimalen erforderlichen Torbreite und ist sowohl von den Schiffsabmessungen (B, L) und seinem Cf-Wert als auch vom Radius der Kursachse abhängig. Da die Kursache noch nicht existiert, wird stattdessen der Radius der Fahrrinne Rf im Profil-km verwendet.

b = B                                                                          bei gerader Strecke, ansonsten bei Kurve
b = sqrt [(|Rf|+ B )2 + (Cf*L)2] - Rf                                          falls 0.5 <=Cf < 1.0  bzw.
b = (sqrt [(|Rf|+ B )2 + (Cf*L)2] - Rf) - (sqrt [(Rf2 + ((Cf-1)*L))2] - Rf)     falls 1.0 <=Cf < 1.5 

Für jeden der n Gewässerparameter wird der Potenzialmittelwert Pi im Bereich b ermittelt. Dabei wird berücksichtigt, dass sowohl die Breite si der Potenzialstreifen variabel sein kann als auch, dass sich die Streifen und Profilbereiche überschneiden können. Die Summe der n Mittelwerte Pi unter Berücksichtigung der Wichtung wi jedes Gewässerparameters ergibt dann für jeden der k Profilbereiche die zur Bewertung verwendete Potentialsumme PbSUM: PbSUM = P1 * w1 + P2 * w2 + … + Pn * wn Zusätzlich hat der Programmnutzer die Möglichkeit, Wichtungen für jeden Parameter vor-zugeben, um den Einfluss jedes Parameters auf das Bewertungsergebnis zu steuern. Der Profilbereich mit der höchsten Potenzialsumme gilt als optimal befahrbar und wird nachfol-gend als "Passagetor" bzw. "Tor" bezeichnet, das von der Kursachse durchlaufen werden sollte. Sofern es auf einem oder mehreren Profilen Bereiche mit ähnlich hoher Potenzial-summe gibt (Toleranzbereich vom Anwender definierbar), entstehen auf diesen Profilschnit-ten mehrere gleichwertige Tore und damit eine Vielzahl möglicher Kursachsenverläufe, aus denen das Programm jenen mit dem kürzesten Weg ermittelt.

Zusätzlich zu den genannten Randbedingungen ist es möglich, die Verkehrssituation bei der Berechnung der Kursachsen zu berücksichtigen. In diesem Fall werden die Daten mehrerer Schiffe vorgegeben. Das Programm muss darüber hinaus die Positionen aller Verkehrsteil-nehmer (km entlang des Gewässerverlaufs) in einem vorgegebenen Berechnungszeittakt ermitteln können. Als Datenbasis dient dazu eine Ortskurve pro Schiff, die dessen km-Position zu diskreten Zeitpunkten enthält. Der Einfluss jedes Schiffes auf andere Wasser-fahrzeuge wird durch eine parametrisierbare Potenzialsenke um den Schiffskörper herum beschrieben, die ggf. die Lage der Passagetore der Fremdschiffe auf den Profilschnitten und damit deren Kursachse beeinflusst. Nach Abschluss der verkehrsabhängigen Kursachsen-berechnung kann die zeitgenaue Bewegung aller beteiligten Schiffe mit voreinstellbarer Ab-laufgeschwindigkeit dargestellt werden (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. 3). Sobald die Modellkursachsen erzeugt wurden, werden diese Routen zur Visua-lisierung des Verkehrs verwendet.