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Tragfähigkeitsbewertung bestehender Stahlwasserbauverschlüsse (Stahlbau und Korrosionsschutz)

Aus BAWiki

Bild 1: Probe für einen Kerbschlagbiegeversuch
Bild 2: Versuchssaufbau zur Ermittlung der Zugfestigkeit

Mit den eingeführten Normen der DIN EN 1993 (2010-12) und der DIN 19704-1 (2014-11) liegen Regelwerke vor, mit denen die Tragfähigkeit von (neuen) Stahlwasserbauverschlüssen nachgewiesen werden. Bei Verwendung dieser Regelwerke für die Bewertung bestehender Stahlwasserbauverschlüsse kommt es häufig zu einer Verletzung der zulässigen Anwendungsbereiche. Die Anforderungen beispielsweise an die Werkstoffe, Toleranzen und den Bauwerkszustand passen nicht zu den Eigenschaften der zum Teil über hundert Jahre alten Verschlüsse der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Eine unpräzise bzw. fehlerhafte Einschätzung der Tragfähigkeit kann die Folge sein. Die BAW verwendet daher spezielle Methoden, um den Besonderheiten bestehender Konstruktionen gerecht zu werden.

Bild 3: Mikroskopische Analyse von Schliffen

Der aktuelle Bauwerkszustand wird vor Ort mit verschiedenen Verfahren festgestellt. Die statische Überprüfung des Tragwerks erfolgt in Untersuchungsstufen mit zunehmendem Vertiefungsgrad. Dafür wird bei der Tragfähigkeitsbewertung differenziert zwischen dem Werkstoffverhalten bei tiefen Temperaturen (Sprödbruch), der Tragfähigkeit bei Raumtemperatur (duktile Versagensformen) und der Tragfähigkeit unter Ermüdungsbeanspruchungen (Materialermüdung).

Bild 4: Begutachtung eines Wehrverschlusses

Kann mit dem vereinfachten Verfahren keine ausreichende Sprödbruchsicherheit über die vorhandene Kerbschlagarbeit der entnommenen Materialprobe nachgewiesen werden, ist eine Bewertung mit Hilfe der bruchmechanischen Methoden vorzunehmen. Eine für den Stahlwasserbau neue, jedoch aus Sicht der BAW erforderliche Öffnung der Nachweismöglichkeit für bestehende Stahlwasserbaukonstruktionen besteht in der Nutzung plastischer Querschnittsreserven. Die Einhaltung der dafür erforderlichen Materialeigenschaften wird in den Laboren der BAW ermittelt. Die Teilsicherheitsbeiwerte für die Beanspruchbarkeiten werden in Abhängigkeit der Festigkeitsstreuung (Herstellungszeit) gewählt. Für realitätsnahe Ermittlungen der Beanspruchungen und Verformungen werden die komplexen Strukturen mit Hilfe von 3D Finite-Element-Programmen modelliert und untersucht.

Bild 5: Begutachtung eines Wehrverschlusses

Die Bewertung der Ermüdungsfestigkeit erfolgt in der Regel durch die Anwendung des Nennspannungskonzepts, um die Restlebensdauer der Tragstruktur zu ermitteln. Der Einfluss der Korrosion wird bei Erfordernis auf Grundlage von Ermüdungsfestigkeitsversuchen durch Anpassung der Wöhlerlinien vorgenommen. Sind Bauteile bereits durch Risse geschädigt, ist auch hier die Anwendung der bruchmechanischen Methoden vorgesehen.

Bild 6: FE-Modell eines Wehrverschluss-Abschnitts