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Schiffserzeugte Belastungen: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild: BAWiki_Schiffsdynamik_1.jpg|thumb|Bild 1: Messungen zur Schiffsdynamik großer Fahrzeuge in Seeschifffahrtssraßen]]
[[Bild: BAWiki_Schiffsdynamik_2.jpg|thumb|Bild 2: Moderne Messtechnik zur Erfassung der Schiffsdynamik im Modellversuchswesen]]
[[Bild: BAWiki_Schiffsdynamik_3.jpg|thumb|Bild 3: Begegnung im Modellversuch]]
[[Bild: BAWiki_Schiffsdynamik_4.jpg|thumb|Bild 4: Summenkurve des zusätzlichen Squats bei Schiffsbegegnungen auf einer Seeschifffahrtsstraße]]
[[Bild: BAWiki_Schiffsdynamik_5.jpg|thumb|Bild 5: Messungen der Schiffsdynamik auf Revierfahrt Elbe]]


Der Fachbegriff "Dynamisches Fahrverhalten" wird im folgenden reduziert auf die vertikalen Bewegungen des Schiffs (Squat und Trimm) in Wechselwirkung mit der Schiffsgröße, der Schiffsgeschwindigkeit und den Sohlstrukturen.
Die Änderung der tiefgangs- und geschwindigkeitsabhängigen schiffserzeugten Belastung der Schifffahrtsstraßen setzt eine [[Definition der Kenngrößen]] (z.B. Schiffswellensystem, Verdrängungsströmung) voraus und erfordert die Kenntnis der funktionellen Abhängigkeiten (z.B. Schiffsgeschwindigkeit und Schiffsbreite, Fahrwasserverhältnisse, Passierabstand). U.a. zeigt Bild 1 schematisch das Schiffswellensystem.


Als Squat ist die Absenkung des fahrenden Schiffs mit dem Primär-Wellen-System, das es selbst bei Fahrt erzeugt, definiert. Trimm ist die Verdrehung des Schiffs um die Querachse und wird beeinflusst u.a. von bestimmten Schiffsparametern und der Schiffsgeschwindigkeit.Die Untersuchungen haben das Ziel, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) für kommende Ausbauplanungen die geschwindigkeits-, wasserstands- und tiefgangsabhängigen Parameter Squat und Trimm zur Festlegung der Fahrrinnentiefen zur Verfügung zu stellen. Die Modelluntersuchungen sind in drei Teilprojekte unterteilt:
Seit Anfang dieses Jahrhunderts wurde eine Vielzahl analytischer und empirischer Ansätze zur Berechnung der Wechselwirkung von Schiff und [[Wasserstraße]] entwickelt. Erste Berechnungen mit hydrodynamisch-numerischen Modellen zeigen im Vergleich zu Ergebnissen aus hydraulischen Maßstabsmodellen Abweichungen, so dass diese numerischen Modelle zur Ermittlung ausbaubedingter Änderungen schiffserzeugter Belastungen in Schifffahrtsstraßen noch nicht als abgesichertes wissenschaftliches Hilfsmittel einzustufen sind. Eine gesicherte, quantitative [[Prognose]] schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Wasserstraßen ist derzeit nur auf Basis hydraulischer Modellversuche in einem fachwissenschaftlich abgesicherten Modellmaßstab möglich (Stand der Technik und Wissenschaft).


*Erfassung von Squat und Trimm sowie schiffserzeugter Druck- und Wellensysteme bei Fahrt über eine feste, ebene Sohle in seitlich unbegrenztem Flachwasser
Bei der BAW Dienststelle Hamburg wurden in den letzten Jahren zur Fragestellung der Wechselwirkung [[Seeschiff]] - [[Seeschifffahrtsstraße]] sowohl Untersuchungen in hydraulischen Modellen als auch Messungen in der Natur durchgeführt.
*Erfassung von Squat und Trimm sowie schiffserzeugter Druck- und Wellensysteme bei Fahrt über eine feste Sohle mit Transportkörpern in seitlich unbegrenztem Flachwasser
*Systematische Untersuchungen zur Erfassung von Squat und Trimm sowie schiffserzeugter Druck- und Wellensysteme bei Fahrt im Revier mit seitlich begrenzter Fahrrinne im Flachwasser.


Ausgewählte Ergebnisse der umfangreichen Versuchsserien werden unter den obigen Ziffern vorgestellt. Einen Eindruck der Versuchseinrichtung und der Größenordnung der Modellschiffe vermittelt Bild 1.
==Definition der Kenngrößen==
[[en:Definition of the Characteristic Parameters]]


Die Ergebnisse der Untersuchungen zu 1. und 2. wurden im März 2001 (Uliczka/Flügge, 2001) sowie im September und Dezember 2001 (Flügge/Uliczka, 2001) veröffentlicht. Zu Ziffer 3 erfolgten Veröffentlichungen im Januar 2004 (Uliczka/Kondziella/Flügge, 2004) sowie in 2006 (Uliczka/Kondziella, 2006).
[[Bild: bild2.jpg|thumb|Bild 1: Kenngrößen und Abhängigkeiten]]


Die Fachaufgabe Wechselwirkung Seeschiff/Seeschifffahrtsstraße (WSS) erforderte auf Grund der Größenentwicklung der Seeschiffe und der daraus notwendigen Befahrbarkeitsanalyse der Tideästuare u.a. fortlaufende Forschungsanstrengungen auf dem Gebiete der Schiffsdynamik bei Revierfahrt mit Blick auf die physikalischen Grundlagen für das „Werkzeug“ Schiffsführungssimulation. Somit wurde dieses Forschungsgebiet neben der „vertikalen“ Schiffsdynamik mit Squat, Trimm (s.o.) durch die Teilprojekte Wechselwirkung Schiff/ Ufer (BERNOULLI-Effekt oder „Bank-Effekt“) sowie Schiff/Schiff ergänzt. In den Teilprojekten werden neben den bisher schon erforderlichen Kenngrößen der schiffserzeugten Wasserspiegelauslenkung und Strömung sowie des geschwindigkeitsabhängigen Squat und Trimm zusätzlich die seitlich auf das Schiff wirkenden geschwindigkeitsabhängigen Kräfte und Momente erfasst.
Bei der Fahrt eines Schiffes durch das Wasser treten infolge der Verdrängungsströmung und den auftretenden Druck- und Wasserspiegeländerungen an Bug, Heck und Schiffslängsseite Wellensysteme unterschiedlicher Periode auf. Das Schiffswellen- und Strömungssystem ist bei Revierfahrt z.B. in einem [[Ästuar]] im unterkritischen Geschwindigkeitsbereich (Schiffsgeschwindigkeit kleiner als die Wellenfortschrittsgeschwindigkeit) gekennzeichnet durch:
* den [[Bugstau]] ('''s<sub>B</sub>''') direkt am Schiffskörper,
* den [[Absunk]] ('''z<sub>A</sub>''') seitlich am Schiff,
* die Heckwelle ('''H<sub>P</sub>''') als Teil des langperiodischen Primärwellensystems,
* die das [[Primärwellensystem]] überlagernden [[Sekundärwellen]] ('''H<sub>S</sub>'''),
* die zeitgleich auftretende Rückstromgeschwindigkeit ('''v<sub>R</sub>''').


*Im Teilprojekt „Bank-Effekt“ wurden die Wechselwirkung von Seeschiffen mit verschiedenen Uferböschungen durch die Erfassung der abstands- und neigungsabhängige Querkräfte und Giermomente im physikalischen Modellversuch ermittelt.
Die Wasserspiegeländerungen in tiefen- und seitenbegrenztem [[Fahrwasser]], wie sich das Wellenbild für einen Betrachter vom [[Ufer]] aus darstellt, sind als Seitenansicht und in starker Überhöhung in obiger Skizze erläutert.
*Das derzeit laufende Teilprojekt „Schiff-Schiff-Interaktion“ erarbeitet die geschwindigkeitsabhängigen Querkräfte und Giermomente sowie den dynamischen Squat und Trimm bei den Begegnungen außergewöhnlich großer Containerschiffe in Abhängigkeit des Kursabstands, des Tiefgangs sowie des Wasserstands. Hierbei werden sowohl physikalische Modellversuche (EFD: Experimental Fluid Dynamics) als auch hydrodynamisch-numerische Berechnungen (CFD: Computational Fluid Dynamics) vorgenommen.
<br />
*Die jeweils parallel mit zu erfassenden schiffserzeugten Wasserspiegelauslenkungen (Schiffswellen) und Strömungen ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung der physikalischen Prozesse bei der Revierfahrt.


In den Teilprojekten wurde und wird im Wesentlichen die Methode des hydraulischen Maßstabsversuchs nach Stand von Technik und Wissenschaft eingesetzt, um zum einen fahrdynamische Daten für die großen Fahrzeuge zu ermitteln, zum anderen Basisdaten für die Schiffsführungssimulation sowie Validierungsdaten für die Weiterentwicklung hydrodynamisch-numerischer Verfahren bereitzustellen.
==Funktionelle Abhängigkeiten==
[[en:Functional Relationships]]


* [[Definition der Kenngrößen]]
Die Größen der von fahrenden Schiffen erzeugten Wasserspiegelschwankungen und Strömungen sind eine Funktion:
* [[Funktionelle Abhängigkeiten]]
* von Schiffsgeschwindigkeit '''v<sub>S</sub>''' und Passierabstand '''L'''
* [[Analytische und empirische Ansätze]]  
* der Schiffsabmessungen (Länge '''l''', Breite '''b''', [[Tiefgang]] '''t''', eingetauchter Hauptspantquerschnitt '''A<sub>S</sub>''')
* [[Hydrodynamisch-numerische Methoden]]
* vom Gesamtwiderstand des Schiffes (Schiffsform) im Kanal '''R<sub>T,K</sub>'''
* der Fahrwasserverhältnisse ([[Wasserspiegel]]- '''B''' und Sohlbreite '''B<sub>S</sub>''', [[Wassertiefe]] '''d''', Querprofilform und -fläche '''A''', Uferform und Böschungsneigung '''1 : m''')
* der Strömungsverhältnisse in der [[Wasserstraße]]
* sonstiger Einflüße wie z.B. Krümmung, Antriebsart, Dichte des Wassers.
 
Als die wesentlichen Parameter für die schiffserzeugte Belastung von Seeschifffahrtsstraßen haben sich:
* die Schiffsgeschwindigkeit ('''v<sub>S</sub>''')
* der Passierabstand ('''L''') vom [[Ufer]] , der den hydraulisch wirksamen Teilquerschnitt ('''A<sub>T</sub>''') bestimmt,
* und das Verhältnis von Gesamtwassertiefe zur [[Tauchtiefe]] ('''d/t'''), mit '''A<sub>T</sub>''' das Teilquerschnittsverhältnis '''A<sub>T</sub> / 0,5 A<sub>S</sub>''', herausgestellt.
 
Vereinfacht lassen sich die physikalischen Vorgänge bei einer Schiffspassage in inhomogenen Wasserstraßen (oder bei außermittiger Fahrt) damit erläutern, dass die [[Wasserstraße]] durch das Schiff in zwei Teilquerschnitte '''A<sub>T1</sub>''' und '''A<sub>T2</sub>''' getrennt wird, durch die das jeweils halbe Verdrängungsvolumen am Schiff vorbeigeführt wird. Das unterschiedliche Teilquerschnittsverhältnis '''A<sub>T1</sub> / 0,5 A<sub>S</sub>''' und '''A<sub>T2</sub> / 0,5 A<sub>S</sub>''' bedingt quantitativ ungleiche [[schiffserzeugte Belastungen]] an den jeweiligen Uferabschnitten.
<br />
<br />


==Literatur==
==Analytische und empirische Ansätze==
[[en:Analytical and Empirical Methods]]
==Traditionelle Verfahren==
[[Bild: bild3.jpg|thumb|Bild 1: Bandbreite möglicher Berechnungsergebnisse]]
 
Während zur Berechnung des Absunks z<sub>A</sub> im wesentlichen analytische Herleitungen herangezogen werden können (u.a. KREY, 1913; CONSTANTINE, 1960; BOUWMEESTER et al., 1977; FÜHRBÖTER, 1982), sind die Rechenverfahren zur Ermittlung der [[Wellenhöhe]] auch anhand von Modellversuchen und/oder [[Naturmessungen]] empirisch abgeleitet (u.a. RÖMISCH, 1969). Die kurzperiodischen [[Sekundärwellen]] sind zwar in einigen empirischen Ansätzen mit berücksichtigt, als Funktion der beschriebenen Einflußgrößen jedoch nicht im Detail bekannt, da sie in Abhängigkeit von Schiffsgeschwindigkeit und besonders der Schiffsform durch die unterschiedliche Druckverteilung am Schiffskörper entstehen.
 
 
Für den unterkritischen Geschwindigkeitbereich, in dem in der Handelsschiffahrt aus wirtschaftlichen Gründen gefahren wird (etwa v<sub>S</sub> < 0,9·[g·d]<sup>0,5</sup>), sind aus dem Schrifttum vereinfacht folgende Zusammenhänge ermittelt:


*''Uliczka, K. und Flügge, G., Squat-Untersuchungen für sehr große Postpanmax-Containerschiffe, Tagungsband HTG-Sprechtag des FA Seeschifffahrtsstraßen, Hafen und Schiff, Hamburg, 27. März 2001''
* [[Absunk]] und [[Wellenhöhe]]<br />z<sub>A</sub> prop. v<sub>S</sub><sup>k</sup>  mit 2 < k < 3,5<br />z<sub>A</sub> prop. n<sup>k</sup>  mit -1,5 < k < -1
* Rückstromgeschwindigkeit<br />v<sub>R</sub> prop. v<sub>S</sub><br />v<sub>R</sub> prop. n<sup>-1</sup>


*''Flügge, G. und Uliczka, K., Dynamisches Fahrverhalten und Wechselwirkungen mit der Fahrrinnensohle von sehr großen Containerschiffen unter extremen Flachwasserbedingungen, Tagungsband HTG-Kongress Häfen & Wasserstraßen, Hamburg, September 2001''


*''Flügge, G. und Uliczka, K., Dynamisches Fahrverhalten und Wechselwirkungen mit der Fahrrinnensohle von sehr großen Containerschiffen unter extremen Flachwasserbedingungen (mit weiteren Ergebnissen), HANSA 138. Jhrg. Dezember 2001''
Das Diagramm (Bild 1) zeigt die Bandbreite möglicher Berechnungsergebnisse für die Randbedingungen eines Meßquerschnitts an der Unterelbe im Vergleich mit Meßwerten aus dem hydraulischen [[Modell]] der BAW-AK.


*''Uliczka, K., Kondziella, B. und Flügge, G., Dynamisches Fahrverhalten sehr großer Containerschiffe in seitlich begrenztem extremen Flachwasser, HANSA 141. Jhrg. Januar 2004''
Für die [[Prognose]] schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen sind neben der Wechselwirkung von Schiff zu [[Wasserstraße]] bei der Wellen- und Strömungsentstehung desweiteren Wellenausbreitungsprozesse wie u.a. Refraktion und [[Shoaling]] maßgebend, so dass die Einbeziehung dieser physikalischen Vorgänge in die Berechnung (ohne Parametrisierung) erforderlich wird.


*''Uliczka, K. und Kondziella, B., Dynamic response of very large containerships in extremly shallow water, Proceedings of the 31st PIANC Congress, Estoril, Spanien, 2006''
Die traditionellen empirischen und analytischen Ansätze können die schiffserzeugten Belastungen durch die seegängige Groß[[schifffahrt]] auf den großen inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen und besonders im Tidegebiet quantitativ nur sehr unzureichend abschätzen. Eine rechnerische Ermittlung zukünftiger Belastungen kann folgedessen mit diesen Ansätzen nicht erfolgen.
<br />


*''Uliczka, K., Seeschiffe auf Seeschifffahrtsstraßen am Beispiel der Unter und Außenelbe. In: Hamburg – die Elbe und das Wasser sowie weitere wasserhistorische Beiträge. Schriften der DWhG Band 13, S. 97-112, Siegburg, 2009''
==Hydrodynamisch-numerische Methoden==
[[en:Hydrodynamic Numerical Methods]]
[[Bild: bild4.jpg|thumb|Bild 1: Berechnete Wasserspiegelauslenkung für ein PANMAX Containerschiff]]


*''Uliczka, K. und Kondziella, B., Research on ship dynamics on large containerships in confined fairways. International Conference on Ship Manoeuvring in Shallow and Confined Water – Bank-Effects - Antwerp. In: Conference Proceedings of RINA, Ghent University, FHR, RINA, London, 2009''
Auf der Basis der heute zur Verfügung stehenden Rechner-Hardware sowie bearbeiteter Formen der BOUSSINESQ-Gleichungen (NWOGU, 1993)<ref>NWOGU, O., Alternative form of Boussinesq equation for nearshore wave propagation, J. of Waterway, Port, Coastel and Ocean Engineering, Vol. 119, No. 6, ASCE, USA, 1993</ref> war es möglich, u.a. Schiffswellen in tiefen- und seitenbegrenztem Wasser einschließlich der Wellenausbreitungsprozesse Refraktion, [[Shoaling]], Diffraktion und Reflexion, jüngst auch Strömungsrefraktion sowie [[Squat]] und [[Trimm]] - vorerst bei unterkritischer Fahrt - zu simulieren. Erste umfangreiche Berechnungen mit dem Programm WAKE2D des National Research Council of Canada - Canadian Hydraulic Center ([http://www.nrc-cnrc.gc.ca/eng/ibp/chc.html NRC-CHC, 1997]) <ref>NRC-CHC, Numerical Model Study of Ship-Induced Waves und Currents in the Elbe Estuary, Controlled Technical Report, HYD.CTR-093 (unveröffentlicht), Ottawa, Canada, 1997</ref> wurden im Auftrag der BAW-AK im Rahmen der Untersuchungen an der Unterelbe vorgenommen. Bei den Rechenergebnissen mit WAKE2D ist u.a. eine starke Überschätzung der kurzperiodischen Wellen gegenüber den gemessenen Werten aus dem hydraulischen [[Modell]] festzustellen.


*''Briggs, M. J., Vantorre, M., Uliczka, K. und Debaillon, P., Prediction of Squat for Underkeel Clearance. In: Handbook of Coastal and Ocean Engineering, World Scientific Publishing Co. Pte. Ltd., Singapore, 2010''
Andere theoretisch-[[numerische Verfahren]] zur Schiffsumströmung, wie z.B. FANKAN (Fluid-Automaten-Netz für Kanäle für völlige Schiffe; PAGEL/FÜHRER, 1989)<ref>PAGEL, W. und FÜHRER, M., Umströmungs- und Widerstandsverhalten völliger Schiffe bei Kanalfahrt. Ergebnisse einer diskreten Modellierung und ihrer experimentellen Verifizierung, Mitteilungen der Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser- und Grundbau, Schriftenreihe Heft 3, Berlin, 1989</ref>, sind nicht entsprechend entwickelt, die hydrodynamisch optimierte Form von Seeschiffen (u.a. Wulstbug) hinreichend genau zu diskretisieren und verfälschen damit die dynamische Belastung von Seeschifffahrtsstraßen.


*''Uliczka, K., Böttner, C-U. und Carstens, D., Head-on traffic at the approach channel to the Port of Hamburg. 3rd International Conference on Ship Manoeuvring in Shallow and Confined Water – Ships Behaviour in Locks - Ghent. In: Conference Proceedings of RINA, Ghent University, FHR, RINA London, 2013''
Erste Proberechnungen mit einem weiteren [[Modell]] namens SHALLOWTANK (CHEN, 1998)<ref>CHEN, X.-N., Schiffswellenbildung über einer querveränderlichen Topographie, Abstracts - 19. Duisburger Kolloquium Schiffstechnik/ Meerestechnik, Das Schiff für überkritische Fahrt, Duisburg, 1998</ref> (CHEN/ULICZKA, 1999)<ref>CHEN, X.-N. und ULICZKA, K., On Ships in Natural Waterways, Proceedings of Int. Conf. on Coastal Ships and Inland Waterways, The Royal Institution of Naval Architects, Feb. 1999, London 1999</ref> zeigen qualitativ und - bedingt - quantitativ gute Übereinstimmungen mit den Meßergebnissen von Versuchsfahrten im hydraulischen [[Modell]] der BAW-AK. Das Berechnungsverfahren SHALLOWTANK wurde auch schon für die Berechnung schiffserzeugter Belastung bei transkritischen und überkritischen Schiffsgeschwindigkeiten (CHEN, 1997)<ref>CHEN, X.-N., Theoretische Grundlagen der Wellenwiderstandseliminierung bei überkritischer Fahrt, besonders durch den Einsatz gekrümmter Katamarane, Proceedings - 18. Duisburger Kolloquium Schiffstechnik/Meerestechnik, Das Schiff in begrenzten Gewässern, Duisburg, 1997</ref> eingesetzt. Nach weiteren erforderlichen Verifikationsrechnungen sowie nach der Vorlage eines Validierungsdokuments wäre in Zukunft eine rechnerische Bearbeitung von Fragestellungen zur schiffserzeugten Belastung inhomogener Wasserstraßen mit diesem Programm denkbar.


*''Uliczka, K., Wasserbauliche Modellversuche zur Wechselwirkung Seeschiff / Seeschifffahrtsstraße. In: 44. Internationales Wasserbau-Symposium Aachen 2014, RWTH Aachen, IWW, Achen, 2014''
Derzeit ist die numerische Bearbeitung (z.B. mit WAKE2D oder SHALLOWTANK) noch als Stand der Forschung, aber nicht als wissenschaftlich unstrittiges Hilfsmittel zur Bearbeitung der Fachaufgabe Wechselwirkung [[Seeschiff]] - [[Seeschifffahrtsstraße]] einzustufen.
 
Eine gesicherte, quantitative [[Prognose]] schiffserzeugter Belastungen in Seeschifffahrtsstraßen ist gegenwärtig nur auf Basis hydraulischer Modellversuche in einem fachwissenschaftlich abgesicherten Modellmaßstab möglich (Stand der Technik und Wissenschaft).
 
== Einzelnachweise ==
<references />
<br />


*''Gourly, T.P., Ha, J.H., Mucha, P. und Uliczka, K., Sinkage and Trim of Modern Container Ships in Shallow Water. In: Proceedings, Australasian Coasts & Ports Conference 2015, Auckland, New Zealand, 2015''


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Aktuelle Version vom 21. Oktober 2022, 08:54 Uhr


Die Änderung der tiefgangs- und geschwindigkeitsabhängigen schiffserzeugten Belastung der Schifffahrtsstraßen setzt eine Definition der Kenngrößen (z.B. Schiffswellensystem, Verdrängungsströmung) voraus und erfordert die Kenntnis der funktionellen Abhängigkeiten (z.B. Schiffsgeschwindigkeit und Schiffsbreite, Fahrwasserverhältnisse, Passierabstand). U.a. zeigt Bild 1 schematisch das Schiffswellensystem.

Seit Anfang dieses Jahrhunderts wurde eine Vielzahl analytischer und empirischer Ansätze zur Berechnung der Wechselwirkung von Schiff und Wasserstraße entwickelt. Erste Berechnungen mit hydrodynamisch-numerischen Modellen zeigen im Vergleich zu Ergebnissen aus hydraulischen Maßstabsmodellen Abweichungen, so dass diese numerischen Modelle zur Ermittlung ausbaubedingter Änderungen schiffserzeugter Belastungen in Schifffahrtsstraßen noch nicht als abgesichertes wissenschaftliches Hilfsmittel einzustufen sind. Eine gesicherte, quantitative Prognose schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Wasserstraßen ist derzeit nur auf Basis hydraulischer Modellversuche in einem fachwissenschaftlich abgesicherten Modellmaßstab möglich (Stand der Technik und Wissenschaft).

Bei der BAW Dienststelle Hamburg wurden in den letzten Jahren zur Fragestellung der Wechselwirkung Seeschiff - Seeschifffahrtsstraße sowohl Untersuchungen in hydraulischen Modellen als auch Messungen in der Natur durchgeführt.

Definition der Kenngrößen

Bild 1: Kenngrößen und Abhängigkeiten

Bei der Fahrt eines Schiffes durch das Wasser treten infolge der Verdrängungsströmung und den auftretenden Druck- und Wasserspiegeländerungen an Bug, Heck und Schiffslängsseite Wellensysteme unterschiedlicher Periode auf. Das Schiffswellen- und Strömungssystem ist bei Revierfahrt z.B. in einem Ästuar im unterkritischen Geschwindigkeitsbereich (Schiffsgeschwindigkeit kleiner als die Wellenfortschrittsgeschwindigkeit) gekennzeichnet durch:

  • den Bugstau (sB) direkt am Schiffskörper,
  • den Absunk (zA) seitlich am Schiff,
  • die Heckwelle (HP) als Teil des langperiodischen Primärwellensystems,
  • die das Primärwellensystem überlagernden Sekundärwellen (HS),
  • die zeitgleich auftretende Rückstromgeschwindigkeit (vR).

Die Wasserspiegeländerungen in tiefen- und seitenbegrenztem Fahrwasser, wie sich das Wellenbild für einen Betrachter vom Ufer aus darstellt, sind als Seitenansicht und in starker Überhöhung in obiger Skizze erläutert.

Funktionelle Abhängigkeiten

Die Größen der von fahrenden Schiffen erzeugten Wasserspiegelschwankungen und Strömungen sind eine Funktion:

  • von Schiffsgeschwindigkeit vS und Passierabstand L
  • der Schiffsabmessungen (Länge l, Breite b, Tiefgang t, eingetauchter Hauptspantquerschnitt AS)
  • vom Gesamtwiderstand des Schiffes (Schiffsform) im Kanal RT,K
  • der Fahrwasserverhältnisse (Wasserspiegel- B und Sohlbreite BS, Wassertiefe d, Querprofilform und -fläche A, Uferform und Böschungsneigung 1 : m)
  • der Strömungsverhältnisse in der Wasserstraße
  • sonstiger Einflüße wie z.B. Krümmung, Antriebsart, Dichte des Wassers.

Als die wesentlichen Parameter für die schiffserzeugte Belastung von Seeschifffahrtsstraßen haben sich:

  • die Schiffsgeschwindigkeit (vS)
  • der Passierabstand (L) vom Ufer , der den hydraulisch wirksamen Teilquerschnitt (AT) bestimmt,
  • und das Verhältnis von Gesamtwassertiefe zur Tauchtiefe (d/t), mit AT das Teilquerschnittsverhältnis AT / 0,5 AS, herausgestellt.

Vereinfacht lassen sich die physikalischen Vorgänge bei einer Schiffspassage in inhomogenen Wasserstraßen (oder bei außermittiger Fahrt) damit erläutern, dass die Wasserstraße durch das Schiff in zwei Teilquerschnitte AT1 und AT2 getrennt wird, durch die das jeweils halbe Verdrängungsvolumen am Schiff vorbeigeführt wird. Das unterschiedliche Teilquerschnittsverhältnis AT1 / 0,5 AS und AT2 / 0,5 AS bedingt quantitativ ungleiche schiffserzeugte Belastungen an den jeweiligen Uferabschnitten.

Analytische und empirische Ansätze

Traditionelle Verfahren

Bild 1: Bandbreite möglicher Berechnungsergebnisse

Während zur Berechnung des Absunks zA im wesentlichen analytische Herleitungen herangezogen werden können (u.a. KREY, 1913; CONSTANTINE, 1960; BOUWMEESTER et al., 1977; FÜHRBÖTER, 1982), sind die Rechenverfahren zur Ermittlung der Wellenhöhe auch anhand von Modellversuchen und/oder Naturmessungen empirisch abgeleitet (u.a. RÖMISCH, 1969). Die kurzperiodischen Sekundärwellen sind zwar in einigen empirischen Ansätzen mit berücksichtigt, als Funktion der beschriebenen Einflußgrößen jedoch nicht im Detail bekannt, da sie in Abhängigkeit von Schiffsgeschwindigkeit und besonders der Schiffsform durch die unterschiedliche Druckverteilung am Schiffskörper entstehen.


Für den unterkritischen Geschwindigkeitbereich, in dem in der Handelsschiffahrt aus wirtschaftlichen Gründen gefahren wird (etwa vS < 0,9·[g·d]0,5), sind aus dem Schrifttum vereinfacht folgende Zusammenhänge ermittelt:

  • Absunk und Wellenhöhe
    zA prop. vSk mit 2 < k < 3,5
    zA prop. nk mit -1,5 < k < -1
  • Rückstromgeschwindigkeit
    vR prop. vS
    vR prop. n-1


Das Diagramm (Bild 1) zeigt die Bandbreite möglicher Berechnungsergebnisse für die Randbedingungen eines Meßquerschnitts an der Unterelbe im Vergleich mit Meßwerten aus dem hydraulischen Modell der BAW-AK.

Für die Prognose schiffserzeugter Belastungen in inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen sind neben der Wechselwirkung von Schiff zu Wasserstraße bei der Wellen- und Strömungsentstehung desweiteren Wellenausbreitungsprozesse wie u.a. Refraktion und Shoaling maßgebend, so dass die Einbeziehung dieser physikalischen Vorgänge in die Berechnung (ohne Parametrisierung) erforderlich wird.

Die traditionellen empirischen und analytischen Ansätze können die schiffserzeugten Belastungen durch die seegängige Großschifffahrt auf den großen inhomogenen Seeschifffahrtsstraßen und besonders im Tidegebiet quantitativ nur sehr unzureichend abschätzen. Eine rechnerische Ermittlung zukünftiger Belastungen kann folgedessen mit diesen Ansätzen nicht erfolgen.

Hydrodynamisch-numerische Methoden

Bild 1: Berechnete Wasserspiegelauslenkung für ein PANMAX Containerschiff

Auf der Basis der heute zur Verfügung stehenden Rechner-Hardware sowie bearbeiteter Formen der BOUSSINESQ-Gleichungen (NWOGU, 1993)[1] war es möglich, u.a. Schiffswellen in tiefen- und seitenbegrenztem Wasser einschließlich der Wellenausbreitungsprozesse Refraktion, Shoaling, Diffraktion und Reflexion, jüngst auch Strömungsrefraktion sowie Squat und Trimm - vorerst bei unterkritischer Fahrt - zu simulieren. Erste umfangreiche Berechnungen mit dem Programm WAKE2D des National Research Council of Canada - Canadian Hydraulic Center (NRC-CHC, 1997) [2] wurden im Auftrag der BAW-AK im Rahmen der Untersuchungen an der Unterelbe vorgenommen. Bei den Rechenergebnissen mit WAKE2D ist u.a. eine starke Überschätzung der kurzperiodischen Wellen gegenüber den gemessenen Werten aus dem hydraulischen Modell festzustellen.

Andere theoretisch-numerische Verfahren zur Schiffsumströmung, wie z.B. FANKAN (Fluid-Automaten-Netz für Kanäle für völlige Schiffe; PAGEL/FÜHRER, 1989)[3], sind nicht entsprechend entwickelt, die hydrodynamisch optimierte Form von Seeschiffen (u.a. Wulstbug) hinreichend genau zu diskretisieren und verfälschen damit die dynamische Belastung von Seeschifffahrtsstraßen.

Erste Proberechnungen mit einem weiteren Modell namens SHALLOWTANK (CHEN, 1998)[4] (CHEN/ULICZKA, 1999)[5] zeigen qualitativ und - bedingt - quantitativ gute Übereinstimmungen mit den Meßergebnissen von Versuchsfahrten im hydraulischen Modell der BAW-AK. Das Berechnungsverfahren SHALLOWTANK wurde auch schon für die Berechnung schiffserzeugter Belastung bei transkritischen und überkritischen Schiffsgeschwindigkeiten (CHEN, 1997)[6] eingesetzt. Nach weiteren erforderlichen Verifikationsrechnungen sowie nach der Vorlage eines Validierungsdokuments wäre in Zukunft eine rechnerische Bearbeitung von Fragestellungen zur schiffserzeugten Belastung inhomogener Wasserstraßen mit diesem Programm denkbar.

Derzeit ist die numerische Bearbeitung (z.B. mit WAKE2D oder SHALLOWTANK) noch als Stand der Forschung, aber nicht als wissenschaftlich unstrittiges Hilfsmittel zur Bearbeitung der Fachaufgabe Wechselwirkung Seeschiff - Seeschifffahrtsstraße einzustufen.

Eine gesicherte, quantitative Prognose schiffserzeugter Belastungen in Seeschifffahrtsstraßen ist gegenwärtig nur auf Basis hydraulischer Modellversuche in einem fachwissenschaftlich abgesicherten Modellmaßstab möglich (Stand der Technik und Wissenschaft).

Einzelnachweise

  1. NWOGU, O., Alternative form of Boussinesq equation for nearshore wave propagation, J. of Waterway, Port, Coastel and Ocean Engineering, Vol. 119, No. 6, ASCE, USA, 1993
  2. NRC-CHC, Numerical Model Study of Ship-Induced Waves und Currents in the Elbe Estuary, Controlled Technical Report, HYD.CTR-093 (unveröffentlicht), Ottawa, Canada, 1997
  3. PAGEL, W. und FÜHRER, M., Umströmungs- und Widerstandsverhalten völliger Schiffe bei Kanalfahrt. Ergebnisse einer diskreten Modellierung und ihrer experimentellen Verifizierung, Mitteilungen der Forschungsanstalt für Schiffahrt, Wasser- und Grundbau, Schriftenreihe Heft 3, Berlin, 1989
  4. CHEN, X.-N., Schiffswellenbildung über einer querveränderlichen Topographie, Abstracts - 19. Duisburger Kolloquium Schiffstechnik/ Meerestechnik, Das Schiff für überkritische Fahrt, Duisburg, 1998
  5. CHEN, X.-N. und ULICZKA, K., On Ships in Natural Waterways, Proceedings of Int. Conf. on Coastal Ships and Inland Waterways, The Royal Institution of Naval Architects, Feb. 1999, London 1999
  6. CHEN, X.-N., Theoretische Grundlagen der Wellenwiderstandseliminierung bei überkritischer Fahrt, besonders durch den Einsatz gekrümmter Katamarane, Proceedings - 18. Duisburger Kolloquium Schiffstechnik/Meerestechnik, Das Schiff in begrenzten Gewässern, Duisburg, 1997




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