Beurteilung des baulichen Zustandes von Massivbauwerken (Baustoffe)
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Informationen zum Aufbau von Massivbauwerken insgesamt bzw. von einzelnen Bauteilen und zu den Eigenschaften der verwendeten Baustoffe sind unabdingbare Voraussetzungen nicht nur für Standsicherheitsbetrachtungen, sondern auch für die Abschätzung der Restnutzungsdauer und ggf. die Festlegung des Instandsetzungsbedarfes.
Insbesondere bei älteren Verkehrswasserbauwerken erfolgte die Herstellung oftmals unter anderen Randbedingungen und Zwängen, als wir sie heute kennen. Baustoffe standen über die Bauzeit nicht immer im erforderlichen Umfang und mit gleichbleibender Qualität zur Verfügung, die Bauverfahren hatten stärkeren Einfluss auf die Ausführungsqualität (Bild 1). Da solche Einflüsse in den Bauwerksunterlagen, soweit überhaupt noch verfügbar, in der Regel nicht dokumentiert worden sind, ist für eine fachgerechte Zustandbeurteilung eine umfassende Bauwerkserkundung durch Bohrkernentnahme und anschließende Bestimmung von Materialkennwerten im Labor zumeist unverzichtbar. Bei Bauteilen wie Schleusenkammerwänden werden hierzu über Vertikalbohrungen durch das gesamte Bauwerk hindurch der prinzipielle Aufbau und ggf. vorhandene Bereiche mit unterschiedlichen Materialeigenschaften detektiert (Bild 2). Diese Informationen sind insbesondere für statische Betrachtungen von Bedeutung. Kurze Horizontal- bzw. Vertikalbohrungen hingegen haben neben der Erkundung des randnahen Aufbaus insbesondere die Gewinnung von Materialproben aus dem bauteiloberflächennahen Bereich zum Ziel, anhand derer dauerhaftigkeitsrelevante Materialkennwerte zur Beurteilung der Nutzungsdauer und des Instandsetzungsbedarfes bestimmt werden können (Bild 3).
Bei Bauteilen mit geringer Betonqualität führt oftmals schon die Beanspruchung durch das Bohrverfahren zu Veränderungen bis hin zu Zerstörungen am Bohrkern. Insbesondere in solchen Fällen ist eine ergänzende Erkundung der Bohrlöcher mittels Endoskop angezeigt (Bild 4). Bei der Bohrkernentnahme sollte das BAW-Merkblatt 'Bohrkernentnahme für Bauwerksuntersuchungen' beachtet werden. Besteht die Absicht, das Bauteil zum Zwecke der Reduzierung des Wasserdurchtrittes ggf. zu injizieren, sind Wasserdruckversuche (WD-Versuche) in den Bohrlöchern als Basis für die Planung und Ausführung solcher Maßnahmen sinnvoll.
Neben den Eigenschaften des anstehenden Betons wie beispielsweise Frostwiderstand oder Restreaktionspotential hinsichtlich einer Alkali-Zuschlag-Reaktion (AKR) sind bei bewehrten Bauteilen im Hinblick auf die Beurteilung des Korrosionsschutzes der Bewehrung die Betondeckung einerseits und die Carbonatisierungstiefe sowie bei Bauteilen mit Verdacht auf Chloridkontaminierung infolge Tausalzen oder Meerwasser auch die Chloridverteilung andererseits zu bestimmen und gegenüber zu stellen.
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